#002 Natura 2000
Shownotes
Thema der Folge: Natura 2000 -- das europäische Naturschutznetzwerk und seine Rolle im Nationalpark Hohe Tauern Kerngedanke: Natura 2000 zielt auf Erhaltung gemeinschaftlich relevanter Arten und Lebensräume sowie deren günstigen Erhaltungszustand durch Gebietsschutz und Artenschutzmaßnahmen Wichtige Richtlinien:
- Vogelschutzrichtlinie (1979): umfassender Schutz aller Vogelarten
- FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat): Schutz von Arten und Lebensräumen; Anhänge definieren schutzbedürftige Arten
Praxisbeispiel Lebensraum Bergmähwiesen: artenreicher, standortgebundener Lebensraum, Bewirtschaftung durch Almbauern; Herausforderungen durch moderne Landwirtschaft
- Diskussionen zu Ausgleich und Konflikten:
- Gründe für Förderungen und Ausgleichszahlungen zur Erhaltung seltener Lebensräume
- Konflikte mit Nutzungen (z.B. Biber, Wegebau im Nationalpark) und der EU-Ebene
Beispiele für integrale Arten und ökologische Funktionen:
- Fischotter als Gesundheitsbeauftragter der Gewässer
- Biber als Wasserregulierer und Stabilisator des Kleinklima; geringe Konflikte außerhalb von 10 Metern Abstand
Vertragsverletzungsverfahren und Wiederherstellungsverordnung als Reaktion auf langsamen Fortschritt; Ziel: näher an günstigen Erhaltungszustand
- Diskussion um Missverständnisse von Renaturierung vs. Wiederherstellung artenreicher, bewirtschafteter Wiesen
Meta-Ebene: Naturschutz als Grundlage unserer Lebensgrundlagen, verknüpft mit Klimaschutz und Biodiversität
Nationalparks Hohe Tauern & Natura 2000:
- Natura 2000 Gebiet von über 1.800 km²
- Rückzugskorridor für Arten, Ausstrahlung über Schutzgebiete hinaus (z. B. Isel)
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00:00:01: ,440 [Thomas Ellmauer (Gast)] Der Naturschutz, wurzelt eigentlich schon in der Antike. Schon in der Antike hat man sich um die Natur gekümmert. Oft für die Götter, hat man Haine ausgewiesen, äh, wo die Götter wohnen konnten. Und im Mittelalter hat man begonnen, Arten zu schützen, weil man gemerkt hat, dass das Gewürme sonst überhandnimmt. Das war also quasi Menschenschutz auch.
00:00:28: ,079 [Off-Sprecher] Aufgehorcht. Der Podcast mitten aus dem Nationalpark Hohe Tauern mit faszinierendem Naturwissen, Begegnungen und besonderen Klängen.
00:00:40: ,659 [Christine Brugger (Moderatorin)] Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union vor dreißig Jahren kam auch das europäische Naturschutzprogramm Natura zweitausend bei uns zur Anwendung. Der Nationalpark Hohe Tauern ist Natura zweitausend Gebiet und damit Teil des europäischen Naturschutznetzwerkes. Bei einer Tagung in Salzburg hatte ich Gelegenheit, viel über die Chancen für Artenschutz und Klimaschutz zu erfahren, aber auch über Nutzungskonflikte und Populismus. Aufgehorcht und herzlich willkommen zum heutigen Nationalpark-Podcast, sagt Christine Brugger. Meine Gesprächspartner sind Thomas Ellmauer und Arno Aschauer. Thomas Ellmauer haben wir zu Beginn schon gehört. Er beschäftigt sich seit dreißig Jahren mit Natura zweitausend, ist Autor und Vortragender zum Thema und arbeitet heute im Umweltbundesamt. Von ihm möchte ich wissen, was genau sich hinter dem Titel dieser EU-Richtlinie versteckt.
00:01:39: ,519 [Thomas Ellmauer (Gast)] Sie beinhaltet im Wesentlichen das Bemühen, das europäische Naturerbe zu erhalten und im Vorsorgeprinzip sicherzustellen, dass es, äh, nicht verloren geht. Das ist das übergeordnete Ziel und, äh, das konkrete Ziel ist, dass wir uns für Arten und Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse bemühen wollen, einen günstigen Erhaltungszustand zu bewahren oder wiederherzustellen mit Maßnahmen, die einerseits Gebietsschutz, äh, sind. Und da ist das, äh, Schlagwort Natura zweitausend das Wesentliche, das ökologische, kohärente Netzwerk von Schutzgebieten in Europa, das größte weltweit, das wir hier eingerichtet haben. Aber man darf auch nicht vergessen, es gibt auch Artenschutz, der als Maßnahme zu setzen ist. Und diese beiden in Zusammenklang, äh, sollen den günstigen Erhaltungszustand sichern.
00:02:36: ,299 [Christine Brugger (Moderatorin)] Jetzt gibt es zwei Richtlinien, die FFH, Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie, die da als Materie herangezogen werden. Was sagen die aus?
00:02:50: ,819 [Thomas Ellmauer (Gast)] Die Vogelschutzrichtlinie ist älter, die wurde schon 1979 erlassen und die kümmert sich eigentlich nur um die Vogelwelt, kann man sagen, im Ersten. Die Vogelschutzrichtlinie war eigentlich, kann man sagen, revolutionär im Naturschutz, könnte man fast sagen, weil die hat einen allfassenden, umfassenden Vogelschutz eingerichtet. Alle Vogelarten sind geschützt und somit gibt es hier also vom Sperling und der Meise bis hin zu den seltensten Vogelarten einen sehr strengen Schutz. Und auch die FFH-Richtlinie sieht einen Schutz für die Arten vor. Allerdings sind die aufgelistet in den Anhängen und für die gibt es auch, äh, strenge Artenschutzregelungen.
00:03:34: ,999 [Christine Brugger (Moderatorin)] Dann haben wir die Lebensräume, die im gemeinschaftlichen Interesse stehen. Also innerhalb der ganzen Europäischen Union. Greifen wir ein Beispiel heraus, das im Nationalpark Hohe Tauern vertreten ist. Das sind die Bergmähwiesen. Sehr artenreich, auch im Einklang mit der Bewirtschaftung durch die Almbauern. Warum sind die von großem Interesse?
00:03:59: ,239 [Thomas Ellmauer (Gast)] Ja, die Bergmähwiesen sind ein alter landwirtschaftlicher Lebensraum, der also über die Jahrhunderte bewirtschaftet worden ist und der auch deswegen so interessant ist, weil er sehr artenreich ist. Sehr krautreiche Bestände mit sehr vielen bunten Kräutern und natürlich den damit einhergehenden Arten der Tierwelt, Schmetterlinge, Heuschrecken, Käferarten. Also stellt das einen sehr artenreichen Lebensraum dar. Allerdings sind sie aus landwirtschaftlicher Perspektive weniger ertragreich. Sie sind zweimal im Jahr, einmal im Jahr, manchmal auch nur alle zwei Jahre bewirtschaftet worden, gemäht worden als Futter, Heufutter und auch kaum gedüngt. Und das ist in der aktuellen Landwirtschaft natürlich wenig interessant, wenig attraktiv, wenig ertragreich und vor allem auch, äh, von der Arbeitsbelastung und dem Arbeitsaufwand recht intensiv, weil sie auf Steilhängen oft vorkommen, der Maschineneinsatz schwierig ist und deswegen gibt's hier die Tendenz, diese Flächen aufzulassen. Einerseits, dann verbuschen sie und andererseits zu intensivieren und dann verarmen sie. Dann haben wir weniger Arten drauf und das ist ein Verlust an Biodiversität.
00:05:21: ,719 [Christine Brugger (Moderatorin)] Deshalb gibt es Förderungen oder Ausgleichszahlungen. Inwieweit ist die Erhaltung solcher Gebiete ein gesellschaftliches Anliegen?
00:05:31: ,883 [Thomas Ellmauer (Gast)] Ein vielfältiges Anliegen, würde ich sagen. Also wenn ich es einmal landwirtschaftlich sehe, sind sie natürlich auch aus landwirtschaftlicher Sicht interessant, weil sie nämlich zum Beispiel die Tiergesundheit fördern können mit den vielen Kräutern, die da wachsen und das Tierwohl ist da wahrscheinlich unterstützt durch dieses gesunde Heu. Andererseits natürlich ist es ein gesellschaftliches Ziel, unser Naturerbe zu erhalten. Das wünschen sich die Bürgerinnen Europas. In jeder Umfrage wird das bestätigt, dass Biodiversität geschützt wird. Und drittens ist es natürlich auch ein touristischer Aspekt, dass Almflächen erhalten werden, dass blumenreiche Wiesen erhalten werden. Das kann man auch als wirtschaftlichen Faktor im Tourismus sehen.
00:06:16: ,183 [Christine Brugger (Moderatorin)] Stichwort wirtschaftlicher Faktor. Arno Aschauer ist Teamleiter beim WWF Österreich für Artenvielfalt. Für ihn geht das Natura zweitausend Programm weit über den Schutz von Arten und Lebensräumen hinaus. Für ihn ist Artenschutz auch Klimaschutz und der geht uns alle an.
00:06:37: ,503 [Arno Aschauer] Intakte Ökosysteme, wie zum Beispiel naturnahe Wälder oder auch intakte Moore, sind natürlich Lebensräume, die viele verschiedene Ökosystemleistungen für uns bieten, die wir täglich nutzen. Ob das jetzt das saubere Wasser ist, ob das eine saubere Luft ist, ob das eine Temperaturregelung ist, die im Klima, in der Klimakrise ganz, ganz wichtig ist, oder eben auch als Kohlenstoffspeicher. Und je naturnäher, umso resilienter sind diese Lebensräume auch und dementsprechend auch ein großer Beitrag für den Klimaschutz beziehungsweise für die Anpassung an den Klimawandel.
00:07:18: ,063 [Christine Brugger (Moderatorin)] Aber wie können wir uns das vorstellen? Was passiert im Vergleich zu Wiesen und Waldböden, zum Beispiel auf einer versiegelten Fläche?
00:07:28: ,023 [Arno Aschauer] Wenn Sie barfuß in einer Wiese gehen oder in einem Wald gehen und zur gleichen Jahreszeit, sagen wir jetzt Sommer, auf einem Asphalt gehen, dann spüren Sie das sehr, sehr schnell selber. Den Unterschied einerseits die Erhitzung, andererseits gibt es auf einem Asphalt keine Organismen, keine Lebensräume, die zum Beispiel Kohlenstoff speichern, die Wasser versickern lassen können, die Wasser reinigen. Also ein asphaltierter Platz, asphaltierte Flächen sind mehr oder weniger für den Klimaschutz verloren.
00:08:03: ,963 [Christine Brugger (Moderatorin)] Beziehungsweise kurbeln die Erwärmung an?
00:08:06: ,043 [Arno Aschauer] Ja, absolut. Also Sie können nicht wirklich diese Verdunstungsleistungen bringen, die naturnahe, äh, Wiesen, Wälder, was auch immer, leisten. Sie erhitzen sich ständig weiter und, äh, das verursacht natürlich auch im Kleinklima eine starke Erhitzung, die uns dann wieder zum Beispiel in Städten und da vor allem eher ärmeren Bevölkerungsgruppen auch gesundheitlich große Schäden verursachen können.
00:08:37: ,483 [Christine Brugger (Moderatorin)] Eigentlich können doch alle nur profitieren von intakten Lebensräumen. Pflanzenarten, Tierarten und natürlich und vor allem der Mensch. Aber die Diskussion Natura 2000 wird oft sehr unsachlich geführt. Deshalb eine provokante Frage.
00:08:54: ,523 [Christine Brugger (Moderatorin)] Also wozu braucht es eigentlich einen Fischotter, wenn der uns die Bäche leer frisst?
00:09:00: ,543 [Arno Aschauer] Der Fischotter ist ein integraler Bestandteil natürlicher Gewässer und ist eine Art Gesundheitspolizei. Das heißt, der Fischotter macht sich's auch möglichst einfach. Der geht vor allem zuerst mal auf kranke Fische, auf Fische, die sich im Gewässer nicht auskennen oder keine Versteckmöglichkeit haben. Und das führt zum Beispiel dazu, dass eher gesündere Fische, heimische Fische, die auch das Gewässer kennen, äh, erhalten bleiben und dafür andere Kranke, die auch die Krankheit weiterverbreiten könnten, äh, zuerst gefressen werden.
00:09:37: ,863 [Christine Brugger (Moderatorin)] Nächstes sehr populäres Beispiel ist der Biber. Beide Arten dürfen in Kärnten ja übrigens schon gejagt werden oder entnommen werden, wie das so schön heißt. Was kann der außer Bäume abknabbern und Felder überfluten?
00:09:52: ,303 [Arno Aschauer] Der Biber ist ein super Beispiel, gerade im Spannungsfeld des Artensterbens und der Klimakrise. Der Biber ist ein Baumeister, der sehr, sehr viel Arbeit uns im Prinzip abnimmt, wenn man ihm die Fläche gibt. Das heißt, er speichert Wasser, er hält Wasser in der Fläche zurück. Das ermöglicht dann zum Beispiel unser Grund- und Trinkwasser, dass es sich wieder auffüllt, dass das Wasser gereinigt wird. Und er hilft uns zum Beispiel auch in Trockenperioden. Also in Zukunft müssen wir mit mehr Starkregenereignissen oder mit Hitzeperioden und Trockenperioden rechnen. Das heißt, der Biber macht das für uns gratis, dass wir länger und, äh, gleichmäßiger das Wasser in der Fläche haben. Und dementsprechend hilft es uns fürs Kleinklima, wenn Wasser in der Region ist, dann verdunstet das, dann erhitzt sich der Lebensraum nicht so stark und, äh, wir haben sauberes und ausreichend Wasser, was natürlich auch für die Landwirtschaft ganz wichtig ist. Und es gibt eine aktuelle Studie vom WWF, in der das aktuelle Wissen zusammengetragen wurde zum Thema Biber. Und auch hier zeigen die Ergebnisse, dass die eigentlichen Probleme sich mehr oder weniger auf zehn Meter neben dem Gewässer beschränken. Und darüber hinaus gibt es fast keine Konflikte. Das heißt, dem Biber zehn Meter zuzugestehen, müsste in unserer Gesellschaft doch möglich sein.
00:11:22: ,643 [Christine Brugger (Moderatorin)] Nun gibt es aber durchaus Konflikte rund den Naturschutz und den sogenannten NutzerInnen, die durch Natura zweitausend eingeschränkt werden. Das reicht vom überfluteten Acker durch den Biber bis hin zum Wegebau im Nationalpark Hohe Tauern. In Österreich werden diese Konflikte dann gerne auf die europäische Ebene verlagert, denn schließlich hat uns die EU ja diese Naturschutzrichtlinie eingebrockt. Thomas Ellmauer lässt solche Argumente nicht gelten.
00:11:53: ,635 [Thomas Ellmauer (Gast)] Na ja, die Europäische Union hat den Naturschutz nicht erfunden. Der Naturschutz wurzelt, äh, eigentlich schon in der Antike, ja? Schon in der Antike hat man sich um die Natur gekümmert, oft, äh, für die Götter, hat man Haine ausgewiesen, wo die Götter wohnen konnten. Und im Mittelalter hat man begonnen, Art zu, äh, schützen, weil man gemerkt hat, dass das Gewürme sonst überhandnimmt. Das war quasi Menschenschutz auch. Und der moderne Naturschutz, der wurzelt mehr oder weniger in Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Österreich mit den Naturschutzgesetzen. Das heißt, wir hatten nationale Naturschutzgesetze bereits, die Arten und Lebensräume erhalten möchte, weil wir festgestellt haben, dass es viele Arten und Lebensräume gibt, die unter Druck geraten. Rote Listen wurden in den 1960er Jahren ausgearbeitet, die festgestellt haben, es kommt zum Aussterben von Arten. Und ah die Europäische Union hat das aufgegriffen und in einen größeren Rahmen gesetzt, weil Natur keine Grenzen kennt, keine Landesgrenzen kennt, keine Nationalgrenzen kennt und ah Naturschutz eigentlich nur international agieren kann. Und daher ist es sehr, sehr sinnvoll, dass die Europäische Union ah Naturschutzgesetze erlassen hat, die jetzt in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden können auf nationaler Ebene im Subsidiaritätsprinzip, dass die Mitgliedsstaaten hier Flexibilität haben, sich ihre Natur zu kümmern, aber das sinnvollerweise im Konzert der anderen Mitgliedsstaaten machen.
00:13:25: ,275 [Christine Brugger (Moderatorin)] Und wenn sie das nicht tun beziehungsweise nicht konsequent verfolgen, dann gibt es Kritik durch die Kommission. Im schlimmsten Fall ein Vertragsverletzungsverfahren. Keule oder Chance?
00:13:40: ,595 [Thomas Ellmauer (Gast)] Na ja, es ist ein ah ein Aufmerksam machen und eigentlich ein ah Hinweisen mit Mitgliedstaaten. Ihr habt euch für Ziele verantwortlich gemacht, die ihr nicht erreicht. Bitte strengt euch mehr an. Und das ist eigentlich auch ein sehr moderner Gedanke im europäischen Naturschutzrecht, dass man nicht nur mhm Maßnahmen vorgibt und dann nicht mehr hinschaut, ob diese Maßnahmen Sinn machen, sondern auch schaut, dass es effizient ist, dass auch Steuergelder effizient eingesetzt werden, dass man Mittel einsetzt, die auch was bewirken. Und deswegen gibt es laut ah EU-Naturschutz die Verpflichtung, regelmäßig Bericht darüber abzulegen: Wie geht es unserer Natur? Alle sechs Jahre wird ein Bericht an die Kommission übermittelt und wenn man dann feststellt, dass sich hier nichts zum Besseren verändert, dann braucht es mehr Anstrengungen. Und darauf weist die Europäische Kommission unter anderem mit Vertragsverletzungsverfahren hin. Aber sie hat ah das auch zum Anlass genommen, dass sie die Wiederherstellungsverordnung erlassen hat, weil es notwendig ist, mehr Anstrengungen zu machen, damit ah das Naturerbe geschützt wird.
00:14:55: ,555 [Christine Brugger (Moderatorin)] Die Wiederherstellungsverordnung auch als Renaturierungsgesetz in aller Munde. Warum fürchtet man die so sehr? Warum ist sie so sehr zum Spielball der Populisten geworden?
00:15:09: ,335 [Thomas Ellmauer (Gast)] Ja, weil sie einerseits, glaube ich, zum Teil bewusst missverstanden wird. Renaturierung kann vielleicht auch ah das Bild entstehen lassen, es muss zurück zur Natur, zur ursprünglichen Natur gegangen werden, was natürlich nicht der Fall ist. Wir wollen nicht zurück vor den menschlichen Eingriff, sondern wir wollen
00:15:33: ,255 [Thomas Ellmauer (Gast)] vielfältige Natur schützen und wiederherstellen. Und das heißt also, wir wollen artenreiche Wiesen wiederherstellen, die natürlich vom Menschen bewirtschaftet werden. Würden wir sozusagen zum Naturzustand zurück, dann würde das alles Wald sein. Das wollen wir nicht. Wir wollen artenreiche Wiesen wiederherstellen, die werden bewirtschaftet, die müssen bewirtschaftet werden. Also ein bewusstes Missverstehen einerseits und andererseits ah mag man vielleicht auch nicht eingestehen, dass man die Ziele, die man sich gesteckt hat, verfehlt hat, dass man zu wenig ambitioniert umgesetzt hat und dass man eigentlich gescheitert ist. Weil die Renaturierungsverordnung wäre nicht notwendig gewesen, hätte man die FFH- und Vogelschutzrichtlinie umgesetzt und die Ziele, die man eigentlich gesetzlich vorgegeben bekommen hat, ah auch erreicht hätte.
00:16:27: ,995 [Thomas Ellmauer (Gast)] Aber die Analyse, dass hier keine Fortschritte stattgefunden haben, hat die Kommission dazu bewegt, dass sie gesagt hat: „Wir brauchen jetzt einen Zeitplan, ah in dem wir uns an den günstigen Erhaltungszustand annähern werden.
00:16:40: ,455 [Christine Brugger (Moderatorin)] Begeben wir uns ganz kurz auf die Metaebene. Was steht auf dem Spiel? Worum geht es wirklich abseits von dem Kleinklein um Regulierungswahn und Verordnungsdschungel?
00:16:55: ,975 [Thomas Ellmauer (Gast)] Ja, es geht unsere Lebensgrundlagen. Und das sehen wir ja jetzt Tag für Tag leider Gottes, dass wir hier schon sehr weit gekommen sind. Der Klimawandel ist eine große Bedrohung, ah der Biodiversitätsverlust ist eine andere große Bedrohung und beides geht Hand in Hand. Beides sind unsere Lebensgrundlagen und die stehen am Spiel. Und daher ist jeder Einsatz gerechtfertigt, den wir hier machen, um unsere Lebensgrundlagen zu sichern.
00:18:00: ,555 [Christine Brugger (Moderatorin)] Wir kehren zurück von der nationalen und europäischen Politik in den Nationalpark Hohe Tauern. Ein achtzehnhundert Quadratkilometer großes Natura zweitausend Gebiet. Welche Bedeutung hat dieses Schutzgebiet? Möchte ich von Arno Aschauer wissen.
00:18:18: ,655 [Arno Aschauer] Artensterben oder den Verlust der biologischen Vielfalt muss man immer gemeinsam mit der Klimakrise sehen. Das sind mehr oder weniger zwei Seiten der gleichen Medaille und auch hier sind Natura zweitausend Gebiete wichtige Rückzugsgebiete, wo sich ah Artenbestände und Lebensräume erholen können, wieder in einen guten Zustand entwickeln können
00:18:45: ,735 [Arno Aschauer] und dementsprechend kann das dann auch ah in Regionen außerhalb der Schutzgebiete ausstrahlen und für die biologische Vielfalt, von der wir profitieren – Stichwort Bestäuber, Stichwort Nützlinge –
00:18:59: ,135 [Arno Aschauer] ist mehr oder weniger ein Rückgrat für den Naturschutz und für den Schutz unserer Lebensgrundlagen.
00:19:07: ,667 [Christine Brugger (Moderatorin)] In Osttirol hat dieses Ausstrahlen über die Nationalparkgrenzen hinaus übrigens bereits funktioniert. Die Isel einer der letzten großen frei fließenden Gletscherflüsse Österreichs, steht seit zweitausendachtzehn unter Natura zweitausend Schutz. Und das macht mich froh, wie Sie sicher hören. Christine Brugger sagt danke fürs Dabeisein und bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt, aufgehorcht im Nationalpark Hohe Tauern.
00:19:37: ,661 [Off-Sprecher] Das war aufgehorcht. Ein Stück Natur für deine Ohren. Mehr davon? Entdecke alle Folgen auf hohtauern.at und auf Spotify. Oder noch besser: Vorbeikommen und den Nationalpark Hohe Tauern live erleben.
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